Sehen lernen

Kunstausstellung

vom 03.03.2017 bis zum 05.04.2017,
Mo - Fr von 9.00 - 17.30 Uhr,
gleis 7, Renzstraße 3, 1. OG
(Zugang durchs café gleis 7)

Sehen lernen

eloart im gleis 7 zeigt beeindruckende Entwicklungsschritte junger KünstlerInnen. Kurz vor dem mündlichen Abi präsentiert der Kunstleistungskurs des Eleonoren-Gymnasiums eine spannende Auswahl seiner Werke. Auf der Vernissage am 2. März erlebten die BesucherInnen Phantasie und Können, Klugheit, Mut und Kreativität.

Harmonisch und wie aus einem Guss präsentiert sich der Gesamteindruck von eloart. Fast lässt es einen vergessen, wie viel konzentrierte und sorgfältige Arbeit dahinter steckt. Konzept, Aussage und Auswahl aus einer riesigen Werkfülle - allein das sind schon große Aufgaben. Und manche praktische Herausforderung kam unerwartet kurz vor der Vernissage: Objekte wollten nicht gerade hängen, der sorgfältig ausgetüftelte und im Elo getestete Hängeplan musste aus Platzgründen geändert werden. Und dann passte die Farbe eines Sockels nicht. Wenige Stunden vor der Eröffnung musste also auch noch ein Eimer weißer Wandfarbe her.  

Für die Gruppe – zehn Schülerinnen und ein Schüler – mag das eine ziemlich neue und nicht ganz stressfreie Erfahrung sein. Der Kursleiterin Karin Ritzheimer ist sie sehr vertraut. Seit fast drei Jahrzehnten begleitet und fördert die Kunstlehrerin aus Leidenschaft junge Menschen. Dass eine Ausstellung bis zuletzt ein „Spiel mit vielen Variablen“ ist, wie sie selber sagt, weiß die engagierte Pädagogin nur allzu gut. Gerade deshalb findet sie aber diese Erfahrung so wichtig.

Dazu gehört auch, dass die SchülerInnen selber in die Inhalte ihrer Ausstellung einführen, die ihre Entwicklung fast chronologisch präsentiert. Humorvoll erzählen Leonie Merz, Charlotte Walter und Moritz Bach von den ersten überraschenden Herausforderungen. Für das Thema „Die Natur erobert die Stadt“ sollten sie Zimmerpflanzen mitbringen – Modelle für wuchernde Riesengewächse. Dabei ging es wie so oft um Übung, Fleiß und Handwerk: Dinge und Portraits abzeichnen, Techniken und Genauigkeit lernen und damit immer neue Möglichkeiten entdecken. Karin Ritzheimer: „Nur so entwickle ich ja künstlerische Entscheidungsfreiheit.“

„Ich nehme jetzt viel mehr wahr.“

Kunstgeschichte und -theorie, Museums- und Fotoexkursionen, Bleistift und Farbe, Stoff, Holz und Kunststoff, Holzschnitte und Collagen, janusköpfige Puppen, Zwei- und Dreidimensionales – all das gehörte zu den Stationen ihres zweieinhalbjährigen Weges.  Und immer wieder: Sehen lernen. Achtsam für Detail sein, scheinbar Gegensätzliches zusammenführen, Farben, Formen und Strukturen immer genauer erkennen. „Ich nehme jetzt viel mehr wahr,“ sagt eine Schülerin im Gespräch.

Überraschend, spannend, verstörend...

„Hunderte von Bleistiftminen später...“ sind Werke gereift, die unmittelbar zu ihren Betrachtern Kontakt aufnehmen, die spannende Geschichten erzählen und brisante Themen aufgreifen. In ihrem Objekt „Take off the mask...“ fordert Deborah Gross dazu auf, „Masken abzulegen und sich so zu zeigen, wie man wirklich ist.“ Gerade für Frauen sei das eine große Herausforderung, weil sie sich so übers Äußere definierten.„Céleste“ - ein gehängtes Mädchen in einem Holzkasten: Das Buch von Timothée de Fombelles hat Anna Mielke dazu inspiriert, sich mit dem Sterben auseinanderzusetzen – dem eines Menschen und dem unseres Planeten. Julia Hermanns Collage „Mama“ verstört mit einem Kind, das von einem riesigen Vogel gefüttert wird. Besonders die Collagen und die dreidimensionalen Objekte sind es, die einen nicht loslassen und neugierig machen.

Karin Ritzheimer: „Dieser Kurs war sehr offen für Persönliches und Brisantes. Selbst Prostitution und Kindesmissbrauch wurden aufgegriffen.“ Kulturkoordinatorin Sigrid Spiegel ergänzt: „Diese Bilder konnten wir nicht einbeziehen, denn hierher kommen viele Menschen in sehr schwierigen Lebenslagen.“

Der einzige Kunstleistungskurs in Worms

Schulleiterin Rita Lodwig ist zurecht stolz auf ihren Kunstleistungskurs – den einzigen in Worms. Wer Niveau, Anregung und Überraschendes zu schätzen weiß, sollte sich eloart nicht entgehen lassen. Schade nur, dass die KünstlerInnen nur bei der Vernissage dabei waren, um von sich und ihrer Arbeit zu erzählen.

Öffnungszeiten der Ausstellung: Vom 03.03.2017 bis zum 05.04.2017, mo - fr von 9.00 - 17.30 Uhr, gleis 7, Renzstraße 3, 1. OG (Zugang durchs café gleis 7)

Text: Patricia Mangelsdorff, freie Autorin und Journalistin