Menschlichkeit zu Zeiten des Holocaust – Erika Rosenberg-Band würdigt das Leben der Emilie Schindler

Zwei Tage, nachdem die Mittelstufe durch den Stand-Up-Comedian Osman Citir in der Aula des Eleonoren-Gymnasiums für die Themenfelder Rassismus und Diskriminierung sensibilisiert wurde, fand am gleichen Ort eine weitere Veranstaltung statt. In dieser wurde ebenfalls die Wichtigkeit, sich gegen Diskriminierung und Rassismus jeder Art einzusetzen, sehr eindrücklich vor Augen geführt:

Dieses Mal hatte die gesamte Jahrgangsstufe 12 sowie der Elfer-Geschichtsleistungskurs des Elos die Gelegenheit, Erika Rosenberg-Band zu begegnen.

Rosenberg-Band ist, wie die Organisatorin der Veranstaltung, Ulrike Kindervater, in ihren Eingangsworten bemerkte: „eine Mitwisserin im positiven Sinne“. Sie ist eine Frau, die mit Überlebenden des Holocausts gesprochen hat. Unter anderem in ihrem Buch „Unbesungene Helden“ will sie davon Zeugnis ablegen, damit die Geschichten der Überlebenden, nicht in Vergessenheit geraten. Damit sich Ähnliches nicht noch einmal wiederholt, ist es das Anliegen der Buchautorin, auch die junge Generation zu Mitwissern zu machen.

Dies gelingt ihr auf eindringliche Weise. Denn immer wieder aktiviert Rosenberg bei der Schilderung ihres eigenen Lebenslaufs und des Werdegangs ihrer Eltern die Vorstellungskraft ihres Publikums. Sie bringt es dazu, sich die Situation eines Zuflucht Suchenden vorzustellen, indem sie durch Fragen dazu anregt, sich in die Lage der damals verfolgten Menschen hineinzuversetzen: „Was macht man, wenn man in seinem Land seinen Beruf nicht mehr ausüben darf?“

Rosenbergs Eltern emigrierten 1936 über Paraguay nach Argentinien, wo Rosenberg dann im Jahre 1951 geboren wurde. Durch das Fehlen vieler, weil durch die Nationalsozialisten ermordeter, Familienmitglieder neugierig geworden, beschloss sie früh, Historikerin zu werden und u.a. Nachforschungen über die Zeit des Holocausts anzustellen. Im Zuge dessen lernte sie 1990 Emilie Schindler kennen, die, „vergessen von der Geschichte“, ebenfalls in Argentinien lebte. Im Laufe vieler Begegnungen freundete sie sich mit ihr an.

Durch Steven Spielbergs Film „Schindlers Liste“ ist hauptsächlich Schindlers Mann, Oskar Schindler, der breiten Öffentlichkeit bekannt. Der Film erzählt, wie der deutsch-mährische Unternehmer während des Zweiten Weltkriegs etwa 1200 jüdische Zwangsarbeiter vor der Ermordung in den Vernichtungslagern der Nationalsozialisten bewahrte. Seine Frau Emilie spielt in dem Film eine Nebenrolle.

Dass sie aber viel mehr als das, nämlich eine couragierte Frau war, die selbst Großartiges leistete, selbst aktiv und unter Lebensgefahr an der Rettung der über 1200 Juden beteiligt war, kann Rosenberg unterstützt durch alte Fotos und Zeitdokumente kenntnisreich nachzeichnen. In einigen Punkten korrigiert sie die Darstellung im Film eindringlich. „Sie war die Frau an Oskars Seite und nicht in seinem Schatten“, schlussfolgerte sie dann auch.

Im Laufe des Vortrags, war es den Schülerinnen und Schülern möglich, Fragen zu stellen.

Mit großer Lebenserfahrung und viel psychologischem Wissen über die Natur des Menschen, konnte Rosenberg-Band die Fragen der Lernenden beantworten. Sie verdeutlichte ihnen dabei eindrucksvoll, dass auch ein Mensch mit Schattenseiten, wie von einer Schülerinnen in Bezug auf Oskar Schindlers zahlreiche Affären noch einmal angesprochenen, ein Held sein kann.

Sie betonte, dass ein jeder Mensch Licht und Schatten in sich trägt, und dass auch der zum Lebensretter, zu seines Bruders Hüter, werden kann, der sich sonst nicht im herkömmlichen Sinne tugendhaft verhält. Sie verdeutlichte damit, dass es in der Entscheidung eines jeden liegt, wie er sich im Leben verhält und dass die „Entscheidung, sich einzumischen“ sehr wichtig sei.

Dadurch spannt sie erneut den Bogen zur heutigen Zeit, in der es angesichts von Kriegen und der damit einhergehenden Zahl der Zuflucht Suchenden wieder auf die Handlungen eines jeden einzelnen ankommt.

Immer wieder hebt Rosenberg in ihrem Vortrag daher auch hervor, dass es nicht Nationalitäten oder Religionen seien, nach denen man den Wert eines Menschen messen oder bewerten kann. Vielmehr ist es das Herz - und hier zitiert sie den Autor des „Kleinen Prinzen“ Antoine de Saint-Exupéry - mit dem man anderen Menschen begegnen soll: „Man sieht nur mit dem Herzen gut.“

Und hier schließt sich der Kreis zum vor zwei Tage vorher aufgetretenen Citir: Der Appell beider doch so unterschiedlicher Botschafter für ein respektvolles Miteinander ist der gleiche: Öffnet die Herzen, überwindet Vorurteile und setzt euch für ein friedliches Zusammenleben ohne Diskriminierung und Krieg ein!

Rosenberg lobte am Ende der Veranstaltung die „sehr interessierten und aufmerksamen Zuhörer“ und schrieb auf ihrem Blog: „Hut ab an Lehrer, Schüler und Schülerinnen!“, http://rosenbergerika.blogspot.com. Zum Abschluss ihres Vortrags formulierte sie die Hoffnung, dass „die Jugend aus dieser Welt etwas anderes (mache, dass) die Jugend es besser macht“.

Begegnungen wie diese und Unterricht, der Schülerinnen und Schülern solche Vorträge zugänglich und Geschichte erleb- und fühlbar macht, tragen dazu bei, dass man weiter hoffen kann.

(Andrea Pelmter)