Besuch einer von der „Jungen Bühne Mainz“ inszenierten „Woyzeck“-Aufführung
„Woyzeck hat uns uns selbst ein wenig verrückt fühlen lassen“
Am 18. Dezember besuchten die Deutsch-Leistungskurse der Jahrgangsstufe 12 von Frau Hilger und Frau Dr. Pelmter sowie der Deutsch-Leistungskurs 12 und der Deutsch-Grundkurs 13 von Herrn Kaiser eine Inszenierung von Georg Büchners „Woyzeck“ der „Junge Bühne Mainz“.
Das Stück handelt von dem ärmlichen Soldaten Franz Woyzeck, welcher, um seine Familie zu ernähren, mehrere Nebenjobs annimmt. Unter anderem unterzieht er sich einer Erbsen-Diät, welche zu Halluzinationen führt. Zeitgleich befindet sich Woyzeck in einem Konflikt mit seiner Lebensgefährtin Marie, welcher Konsequenzen hat, deren Deutung wir bewusst dem Theaterbesucher oder jedem, der es noch werden möchte, überlassen.
Zu Beginn der Aufführung ist uns direkt das schlichte, aber dennoch aussagekräftige Bühnenbild ins Auge gefallen. An der Bühnenwand befand sich ein Banner, das im Verlauf der Handlung zunehmend mit Farbe geschmückt wurde. Dennoch war bis kurz vor Schluss des Stückes unklar, welche Bedeutung dies hatte. Dadurch wurde die Inszenierung um so spannender für das Publikum. Unserer Meinung nach ist das Banner eine gute Verbindung der Fragmente Büchners. Aufgrund seines Todes wurde das Stück „Woyzeck“ von Büchner selbst nie fertig gestellt. Er hinterließ lediglich Briefe, welche heute von unzähligen Verlagen und Theatern zusammengeführt werden. Die „Junge Bühne Mainz“ zeichnet somit ihre einzigartige Interpretation aus, welche uns sehr beeindruckt hat.
In der Einführung wurden wir bereits auf die Benutzung von Körnern in der Aufführung aufmerksam gemacht. Diese fanden auf unterschiedliche Arten Verwendung. Auf der einen Seite wurden diese verwendet, um Woyzecks Wahnsinn zu zeigen. Auf der anderen Seite repräsentierten sie Geld. Diese beiden Verwendungsweisen zeigen die Probleme des Protagonisten auf.
Die schauspielerische Leistung Andreas Schlicht (Woyzeck), welche die Psyche des Soldaten phänomenal widerspiegelte, hat uns uns selbst ein wenig verrückt fühlen lassen. Die emotionalen Ausrufe und seine Verwirrung, welche seinen Halluzinationen geschuldet sind, hat ein Gefühl von Mitleid in uns erweckt. Während des Lesens der Lektüre war dieses nicht in gleichem Ausmaß vorhanden. Daher waren wir sehr überrascht und beeindruckt von Woyzecks Verkörperung durch den Schauspieler.
In einer Zeit, in der das Bewusstsein für mentale Gesundheit wächst und gesellschaftskritische Perspektiven dringlicher denn je erscheinen, verbindet die Inszenierung des „Woyzeck“ die zeitlose Relevanz Büchners mit einer erschreckenden Aktualität. Ein Theaterabend, der nicht nur nachhallt, sondern zum Nachdenken und Weiterdenken anregt.
(Pia Henricy & Chiara Schneck, 12.Klasse)