Job Shadowing in Skopje
Hochachtung vor jungen Macher*innen am Orce Nikolov Gymnasium
Vom 8. bis 17. April 2025 hatten wir, Mandana Heydari und Barbara Freudenstein, die besondere Gelegenheit, im Rahmen des Erasmus+ Programms – gefördert durch die Europäische Union – das Orce Nikolov Gymnasium in Skopje, Nordmazedonien, zu besuchen. Unsere Mission: Job Shadowing in einem Umfeld, das auf den ersten Blick kaum mit dem Eleonoren-Gymnasium vergleichbar scheint, aber auf den zweiten – und dritten – umso mehr beeindruckt.
Mit rund 1000 Schüler*innen, die im wöchentlichen Wechsel entweder vormittags oder nachmittags unterrichtet werden, herrscht am Orce Nikolov ein reger Betrieb – vor allem in den Pausen. Bemerkenswert: Es gibt keine Aufsichten wie bei uns. Stattdessen entspannen sich die Lehrkräfte in ihrer geselligen Sitzgruppe hinter dem Schulgebäude, während auf dem Schulhof Musik aus Schüler-Playlists läuft und Zigaretten das Pausenbrot zu ersetzen scheinen. Ja, das Rauchen auf dem Schulgelände ist erlaubt – ein Kulturschock, aber auch eine interessante Beobachtung pädagogischer Freiräume.
Akademische Leistung trifft Schüler-Selbstorganisation
Obwohl die Schule in puncto Ausstattung mit dem Eleonoren-Gymnasium nicht mithalten kann (Interaktive Tafeln? Chemielabor? Physiksammlung? Fehlanzeige!), liefern die Schülerinnen kognitive Glanzleistungen. In den MINT-Fächern, die auf Englisch und Französisch unterrichtet werden, wird mit Ernst und Engagement gearbeitet. Der Frontalunterricht wird durch schülerinitiierte Präsentationen und kreative Kahoot-Quizze aufgelockert – inklusive Jahres-Highscore. Diese Quizze werden übrigens nicht von Lehrkräften, sondern von den SchülerInnen selbst erstellt. In jedem Unterricht treffen wir auf Schülerselbstverantwortung, wie wir sie bei uns selten sehen.
Im Englischunterricht geht es um Grammatikregeln und das Verstehen und Anwenden komplexer Sprachstrukturen. Dass dabei manche Schüler lieber ihr Handy als den Lehrer anschauen, stört offenbar niemanden – am Ende sprechen sie trotzdem alle flüssig Englisch auf akademischem Niveau. Wie das funktioniert? Vielleicht hilft hier die Antwort einer Schülerin zu ihrer Motivation: “ We want to do more and be more. An energy pushes you.” Diese Energie war überall spürbar.
Schülerclubs, Selbstorganisation und kreative Freiheit
Besonders beeindruckend war das außerunterrichtliche Engagement der Schüler*innen. Sie organisieren ihre Schülerzeitung eigenständig – digital, versteht sich – und ohne jede Unterstützung durch Lehrkräfte. Ebenso verantworten sie Dramaclubs, Diskussionsforen, STEM-Clubs und zahlreiche kreative Projekte. Die Liste von bereits durchgeführten Veranstaltungen dieses Schuljahres ist lang: Eine Gala Night, Poetry Readings und selbstgeschriebene Theaterstücke, um nur einige zu nennen. Und wer kümmert sich um die Finanzierung dieser Events? Natürlich die Schüler selbst – Sponsorenakquise inklusive.
In einem inspirierenden Gespräch mit Mila und Vasile – zwei engagierten Schülervertreter*innen – wurde deutlich: Die Jugendlichen am Orce Nikolov wollen sich entfalten. Sie sehnen sich nach Chancen, gestalten ihre Bildung aktiv mit und zeigen dabei eine Reife und Selbstständigkeit, die uns tief beeindruckt hat. Besonders berührt hat uns das Statement eines Schülers: “Students do not feel obliged” – Lernen aus innerer Motivation, nicht wegen Pflichtgefühl.
Was bleibt?
Ein herzliches Dankeschön an alle Schülerinnen, Lehrkräfte, die Erasmus-Koordinatorinnen und insbesondere an die Schulpsychologin, die mit viel Engagement und Offenheit den Schülern zur Seite steht. Wir kehren mit neuen Ideen, viel Bewunderung und einem kleinen Funken mazedonischer Energie zurück – und ja, mit ein wenig Neid auf ein Internet, das in jedem Klassenraum funktioniert. 😉
Skopje, wir danken dir – und hoffen, dass die Inspiration, die wir dort erfahren durften, auch unsere Schule bereichert.